LEGIO III ITALICA

Geschichte und Struktur der Regensburger Legionsgarnison

(von Florian Himmler)

 

   Diese kurze Einführung richtet sich an interessierte Studenten und Laien und erhebt nicht den Anspruch einer wissenschaftlich historischen Arbeit. Die Abwesenheit von Fußnoten bitte ich daher zu verzeihen. Ich bitte außerdem darum, mich vor der Verwendung in irgendeiner Form zu benachrichtigen.

 

A)    Historischer Teil

 

I. Die Anfänge der Leg III Italica und die Markomannenkriege

 

   Von späteren Generationen wurde die Mitte des 2.Jh. etwas verklärend als ‚Goldenes Zeitalter’ betrachtet, doch war diese Ansicht nicht unbegründet. Die Grenzen waren ruhig, nur gelegentlich kam es zu kleineren Zusammenstößen mit land- und beutehungrigen Anrainervölkern. Die Verhältnisse im Reich waren stabil, der letzte Bürgerkrieg lag fast ein Jahrhundert zurück. Die Ausgaben für die etwa 300 000 Mann starke Armee waren auch in Friedenszeiten hoch, aber da die Truppen an den Grenzen stationiert waren, blieben die inneren Gebiete des Reiches frei von schweren Belastungen. Kulturell, wirtschaftlich und demographisch war die allgemeine Lage zufriedenstellend.

 

   Über diesem scheinbaren Idyll braute sich jedoch eine düstere Zukunft zusammen. Zuerst führte der Ehrgeiz des Statthalters von Syrien wegen Streitigkeiten um Armenien zu einem unerwünschten Krieg mit dem Partherreich. Römische Truppen erzielten zwar einige Erfolge, schleppten dann aber eine verheerende Seuche ins Reich. Diese ‚antoninische Pest’ forderte Millionen Opfer und brach auch in den nächsten Jahrzehnten immer wieder neu aus. Einige Einheiten am Donaulimes verloren bis zu einem Drittel ihrer Mannschaftsstärke. Gleichzeitig stieg der Druck auf die Donaugrenze, da die Goten auf ihrer Wanderung durch Osteuropa andere Germanenstämme in Bewegung brachten. Ab Mitte der 60er Jahre wurde das römische Pannonien (etwa heutiges Ungarn) von den germanischen Markomannen und Quaden, sowie den iranischen Jazygen überrannt und zerstört. Die verheerenden Kämpfe erstreckten sich bis nach Nordostitalien, wo sich seit über zweieinhalb Jahrhunderten keine äußeren Feinde mehr hatten blicken lassen. An der unteren Donau stieß der Stamm der Kostoboken quer durch die Balkanhalbinsel fast bis Athen vor. Auch in Britannien und am Niederrhein drohte Krieg.

 

   In dieser äußerst kritischen Situation wurden, wahrscheinlich um 165/166, in Oberitalien zwei neue Legionen ausgehoben (dilectus): die legio II Italica Pia („die Fromme/Pflichterfüllte“) und die Legio III Italica Concors („die Einträchtige“). Die II Italica hatte als Symbol die Wölfin mit den Zwillingen Romulus und Remus (das Symbol der Eintracht – concordia), das Symbol der III Italica war der Storch (das Symbol der Frömmigkeit und Pflichterfüllung – pietas). Die Symbole und Beinamen der beiden Legionen überkreuzten sich also. Die „Fromme“ hatte das Symbol der Eintracht, und die „Einträchtige“ hatte das Symbol der Frömmigkeit. Nach einer Theorie sollte damit auf das gute Einvernehmen der beiden regierenden Kaiser (und Adoptivbrüder) Marcus Aurelius und Lucius Verus hingewiesen werden, die das Reich einträchtig und nach bestem Einvernehmen zusammen regierten – zumindest nach der Staatsideologie.

   Nach einer einfacheren und profaneren Theorie haben vielleicht aber auch nur die Stempel-schneider für die Legionsmünzen des Kaisers Gallienus [254-268] versehentlich die Symbole der beiden Legionen verwechselt – in diesem Fall wäre die schöne Theorie mit der Staatsideologie passé, und die Leg III Ital hatte die Wölfe mit den Zwillingen als Symbol, und nicht den Storch! Andererseits gab es mehrere Serien dieser Münzen, und nach der ersten Emission hätte man den Fehler wohl doch bemerkt.

   Wahrscheinlich sofort nach der Neuaufstellung entsandten beide Legionen mobile Abteilungen (vexillationes = ‚Fähnlein’) in den umkämpften Hexenkessel Pannonien, doch sollten die II und die III Italica auch eine Sperrlinie zum Schutz Italiens aufbauen (die praetentura Italiae et Alpium - ILS 8977), wobei sie wohl gleichzeitig als ‚strategische Operationsreserve’ fungierten. Beide Legionen schickten auch je eine vexillatio für den Ausbau der Befestigungsanlagen der Hafenstadt Salona in Dalmatien:

 

vexillationes leg(ionum) II Piae et III Concordiae ped(es) (ducentos) sub cura P. Aelii Amyntioni (centurionis) frumentari leg(ionis) II Traian(ae) (CIL III 1980)

 

(Die) Abteilungen der Legionen II Pia und III Concors (haben) 200 Fuß (weit die Mauer erbaut), unter der Aufsicht von Publius Aelius Amyntionus, dem Centurio für die Getreideversorgung der Legio II Traiana (Jahr der Inschrift: 170 n.Chr).

 

   Über die Kampfeinsätze der Leg III Ital auf dem Balkan ist fast nichts bekannt. Ein gewisser C. Annius Flavianus erwarb sich militärische Auszeichnungen (dona militaria) während seiner Funktion als Legionstribun (tribunus leg. III Italicae) „im zweiten Germanenkrieg” (bello Germanico (secundo) – CIL VIII 17900). Diese Auszeichnungen wurden entweder von Marcus Aurelius [161-180], oder erst von Commodus [180-192] verliehen.

   Unter Commodus nahm ein Centurio der Leg III Ital an einer Offensive gegen den Stamm der Buren teil, und weihte nach seiner Rückkehr eine Inschrift:

 

Fl(avius) Vetulenus (centurio) leg(ionis) III Ital(icae) reversus ab expedit(ione) Burica) (CIL III 5937)

     

      Flavius Vetulenus, Centurio der Legio III Italica, zurückgekehrt vom Burenfeldzug.

 

   Die Leg II Italica wurde Mitte der 70er Jahre in die Provinz Noricum (etwa heutiges Österreich) verlegt. Sie hatte ihr Lager zuerst in Albing, dann in Lauriacum (Lorch) an der Ennsmündung nahe Linz. Ihre Schwesterlegion Leg III Italica kam nach Raetien. Ein 13 ha großes Lager bei Unterfeld, ca. 1,2 km nördlich des Kastells Eining, diente von etwa 172 bis 179 offenbar als ‚provisorisches Legionslager’ für den bereits in der Provinz stationierten Teil der Legion. Andere Teile der Legion mühten sich anscheinend immer noch für die Reichsverteidigung an der mittleren Donau ab.

 

   Die eigentliche Legionsfestung wurde jedenfalls einige Dutzend Kilometer stromab errichtet, dort wo die Donau den nördlichsten Punkt ihres Laufs erreicht. Von hier  konnten mit Naabtal und Regental die Anmarschwege in die heutige Oberpfalz und zum Böhmischen Becken überwacht werden. Gleichzeitig wurde die fruchtbare Donauebene (Gäuboden) gesichert. Die Auxiliarkastelle in Regensburg-Kumpfmühl und Regensburg-Innenstadt waren samt ihren Zivilsiedlungen (vici) Mitte der 60er Jahre zerstört worden. Jetzt wurde am Regensburger Donauknie eine ganze Legion stationiert.